Die EU-Weinmarktreform eröffnet den Württemberger Wengertern neue Marktchancen. Gleichzeitig ist sie eine Herausforderung für den Weinbau auch in Württemberg. „Die Sicherung von so genannten Ursprungsbezeichnungen ist eine wichtige Grundlage für erfolgreichen Weinbau in Baden-Württemberg“, sagte Präsident Hermann Hohl bei der Jahrespressekonferenz des Weinbauverbandes Württemberg am 11. Dezember 2008 in Großbottwar.
Verbunden damit sei ein Qualitätsmanagement mit geringeren Hektar-Erträgen und höheren Mosterträgen, was dem Anspruch an qualitativen Weinbau mit entsprechenden Geschmacksprofilen für die Sorten zugute komme: „Mit der geschützten Ursprungsbezeichnung können wir unseren Qualitätsanspruch verdeutlichen und uns von anderen Angeboten abgrenzen.“
Hohl appellierte, die neuen bezeichnungsrechtlichen Chancen der EU-Weinmarktreform sinnvoll zu nutzen und geschützte Ursprungsbezeichnungen für bestimme Begriffe zu entwickeln: „Mit klaren und unverwechselbaren Herkunftsbegriffen müssen wir gemeinsam unsere Weine und Sekte vermarkten. Wir sollten uns diesen Möglichkeiten öffnen.“ Wenn hier rechtzeitig und richtig gehandelt werde, könnten wichtige Weichen für die Zukunft gestellt werden. Hohl spricht sich dafür aus, über Ursprungsbezeichnungen auch regionale „Marken“ wie Landschaften oder besondere Lagennamen zu nutzen, um über diese Bezeichnungen auf den Etiketten auch den Weintourismus zu fördern. Es gelte, auch über diesen Weg Alleinstellungsmerkmale hervorzuheben.
Darüber hinaus bekräftigte der Weinbauverband Württemberg seine Haltung zur geplanten Aufhebung des Anbaustopps im Jahr 2015. Präsident Hohl: „Wir werden uns nach wie vor für den Erhalt des Anbaustopps einsetzen.“ Er kündigte „massiven politischen Druck“ in diese Richtung an.
Für Baden-Württemberg kündigte Hohl einen „Masterplan“ zum Erhalt der Steillagen an.
In Europa gibt es nach dem 1. August 2009 nur noch die Weinkategorien „ohne Herkunftsbezeichnung“ und „mit Herkunftsbezeichnung“. Letztere werden noch unterschieden in „Weine mit geschützter geografischer Angabe“ und „Weine mit geschützter Ursprungsbezeichnung“. Die neuen Bezeichnungen können Einzel- oder mehrere Betriebe, aber auch ein Anbaugebiet nutzen. Die EU-Kommission hat zugesagt, zunächst die 13 deutschen Anbaugebiete als geschützte Ursprungsbezeichnung einzutragen, also auch das „b.A. Württemberg“. Danach soll das gemeinsam mit der Landesregierung entwickelte Regelwerk mit Lagenbezeichnungen, Hektarhöchstertragsregelungen, Mindestmostgewichten, Rebsortenklassifizierungen, Abgrenzung der Anbaugebiete und sonstigem als „Lastenheft“ diesen Begriffen untergeordnet und damit der Bestand gesichert werden.
Mit der Reform werden die Kategorien Tafel- und Qualitätswein abgeschafft. An deren Stelle treten Wein ohne geografische Angabe und Wein mit geografischer Angabe. In Anlehnung an die horizontalen Bestimmungen über geografische Angaben bei Agrarerzeugnissen und Lebensmitteln werden bei Wein mit geografischer Angabe „Wein mit geschützter Ursprungsbezeichnung (g.U.)“ und „Wein mit geschützter geografischer Angabe (g.g.A)“ unterschieden.
Im politischen Kompromiss konnte durchgesetzt werden, dass die Mitgliedstaaten traditionelle Begriffe festlegen dürfen, die ebenfalls in ein Schutzsystem überführt werden. Damit kann Deutschland Begriffe wie „Qualitätswein“ sowie Prädikate wie „Kabinett“ oder „Spätlese“ weiter verwenden und Voraussetzungen an die Verwendung der Prädikate stellen. Der Verbraucher wird auf Weine mit den bewährten Bezeichnungen zurückgreifen können.
Die Änderungen beim Bezeichnungsrecht gelten ab dem 1. August 2009.
Statt der bisherigen Weinkategorien „Tafelwein“, „Landwein“, und „Qualitätswein bestimmter
Anbaugebiete“ wird es folgende Differenzierung geben:
Kategorie
Wein ohne geografische Angabe
Unterkategorie
Wein
Wein mit Angabe der Rebsorte oder des Jahrgangs
Für Weine ohne geografische Angaben gelten die europäischen Vorgaben für Herstellung, Weinbereitung und Kontrollen. So ist z.B. die Anreicherungshöchstgrenze für diese Weine auf 11,5%vol bei Weißwein in der Weinbauzone A begrenzt.
Wein mit geografischer Angabe
Unterkategorie
Wein mit geschützter geografischer Angabe (g.g.A.)
Wein mit geschützter Ursprungsbezeichnung (g.U.)
Weine mit geografischen Angaben
Für jeden Wein mit geografischer Herkunft ist bei der Kommission ein Antrag einzureichen. Dem Antrag sind Einzelheiten der Abgrenzung des Gebietes und der Regeln für den Anbau der Reben, die Herstellung der Weine und deren Bezeichnung in
einer Produktspezifikation darzustellen. Die Kommission prüft den Antrag. Dieses erfolgt in einem Verwaltungsverfahren zunächst auf nationaler Ebene und endet mit Aufnahme des Namens in das EU-Register. Hektarhöchsterträge sind für Weine mit geografischer Angabe zwingend vorgeschrieben.
Geschützte geografische Angaben (g.g.A.)
Eine geschützte geografische Angabe (g.g.A.) für Wein ist der Name einer Gegend, eines bestimmten Ortes oder in Ausnahmefällen eines Landes zur Bezeichnung eines Erzeugnisses, das folgende Anforderungen erfüllt:
Geschützte Ursprungsbezeichnungen (g.U.)
Eine geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.) für Wein ist der Name einer Gegend, eines bestimmten Ortes oder in Ausnahmefällen eines Landes zur Bezeichnung eines Erzeugnisses, das folgende Anforderungen erfüllt:
Jede interessierte Gruppe an Erzeugern und in Ausnahmefällen auch Einzelerzeuger können den Schutz einer Ursprungsbezeichnung oder geografischen Angabe beantragen. Andere interessierte Parteien können sich an dem Antrag beteiligen. Die Fortschreibung der Produktspezifikation erfolgt, wenn sie von grundlegender Bedeutung ist, durch die Gruppe an Erzeugern. Für die Kontrollen zur Einhaltung der Produktspezifikationen in den Betrieben ist ein Kontrollplan zu erstellen. Analytische und organoleptische Prüfungen können systematisch oder in Stichproben nahe zum Zeitpunkt der Abfüllung erfolgen.
Traditionelle Begriffe
Die bisherigen traditionellen spezifischen Begriffe
können als Ersatz für die Angabe einer geschützten Ursprungsbezeichnung weiterverwendet werden. Die Verwendung der Namen der Anbaugebiete würde dann nur in Verbindung mit den traditionellen Begriffen „Qualitätswein“ oder „Prädikatswein“ zugelassen. Die bisherigen sonstigen traditionellen Begriffe wären ausschließlich den Qualitäts- und Prädikatsweinen vorbehalten. Die Namen von kleineren geografischen Einheiten (Bereich, Großlage, Einzellage, Gemeinde, Ortsteil) sind zunächst den fakultativen Angaben zu zurechnen, die nur den Qualitäts- und Prädikatsweinen vorbehalten sind. Begriffe wie Weißherbst, Classic, Selection, Liebfraumilch, Hock und andere sind im
derzeit vorliegenden Entwurf der Durchführungsverordnung der Kommission noch nicht
enthalten.
Einzelstaatliche Qualitätspolitik
Die Weinmarktordnung sieht im Zusammenhang mit den traditionellen Begriffen, den geografischen Angaben und den Ursprungsbezeichnungen vor, dass Mitgliedstaaten eine innerstaatliche Qualitätspolitik betreiben können. Art, Umfang und Ausmaß dieser Ermächtigung werden in der Weinmarktordnung nicht näher beschrieben.