27.2.2009
Der Deutsche Weinbauverband verfolgt die Entwicklungen mit großer Sorge.
Er
ist von der Notwendigkeit eines nationalen und regionalen
Gemeinschaftsmarketings überzeugt. Die letzte außerordentliche
Verwaltungsratssitzung hat gezeigt, dass nicht nur die Vertreter der
Erzeugerorganisationen, sondern die Vertreter der gesamten Branche hinter
dem Deutschen Weinfonds und seinen Gesellschaften DWI/DWA stehen und dass es
eine gemeinsame Interessenslage zum regionalen und nationalen
Gemeinschaftsmarketing gibt.
Werden Widersprüche gegen die Abgabenbescheide eingelegt, ist der DWF
gezwungen, Rückstellungen zu bilden. Dafür müssen Mittel in Höhe des
Widerspruchvolumens aus dem operativen Geschäft abgezogen werden, das heißt,
geplante Marketingmaßnahmen müssen eingeschränkt oder können gar nicht mehr
durchgeführt werden. Erst im Falle eines für den Deutschen Weinfonds
erfolgreichen Abschlusses des Verfahrens - was sich über viele Jahre
erstrecken kann - können die Rückstellungen aufgelöst werden und stehen dann
wieder für Marketingmaßnahmen zur Verfügung. Gleiches gilt im Übrigen auch
für die ebenfalls aus Sonderabgaben finanzierten Gebietsweinwerbungen.
Im Extremfall bedeutet dies, dass die überregionale und die regionale
Weinwerbung in Zukunft handlungsunfähig werden könnten, wenn flächendeckend
Widersprüche erhoben bzw. Klagen eingereicht werden sollten.
Das Deutsche Weingesetz ist unverändert und vollumfänglich wirksam und in
Kraft, es ist von der Nichtigerklärung des Absatzfondsgesetzes nicht
betroffen! Vor diesem Hintergrund müssen und werden die Länder und ihre
Gemeinden sowie der Deutsche Weinfonds ihrem gesetzlichen Auftrag, Abgaben
zu erheben, unverändert nachkommen.
Im Weinbereich liegen nach derzeitigem Stand weder vor dem
Bundesverfassungsgericht noch vor einem anderen Gericht Klagen gegen die
Werbeabgabe Weinfonds vor.
In diesem Zusammenhang möchten wir jedoch darauf hinweisen, dass im Falle von Widersprüchen der Deutsche Weinfonds diese Widersprüche voraussichtlich zeitnah als unbegründet zurückweisen wird. Wer dann seine Einwendungen noch aufrecht erhalten will, müsste innerhalb eines Monats Klage einreichen.
Zudem sprechen nach einer juristischen Prüfung der den Weinfonds
vertretenden Anwälte
viele Gründe dafür, dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum
Absatzfondsgesetz nicht auf den Weinbereich übertragbar ist.
Anders als in der Presse teilweise zu lesen, werden durch das Urteil des
Bundesverfassungsgerichts staatliche Sonderabgaben nicht abgeschafft. Schon
immer unterlagen derartige Abgaben aber besonderen verfassungsrechtlichen
Anforderungen. Diese wurden vom Bundesverfassungsgericht nunmehr in einem
Punkt verschärft. Bisher reichte es aus, wenn die Abgaben gruppennützig,
d.h. im Interesse der Abgabenpflichtigen, verwendet wurden. Nach der
aktuellen Entscheidung des Verfassungsgerichts muss dieser Gruppennutzen
nunmehr evident sein. Ein solcher evidenter Gruppennutzen ist nach der
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vor allem dann gegeben, wenn „es
bei den staatlichen Fördermaßnahmen um das plausibel begründete Erfordernis
geht, erheblichen Beeinträchtigungen entgegenzuwirken oder spezielle
Nachteile auszugleichen, die die Gruppenangehörigen besonders betreffen und
die von diesen selbst voraussichtlich nicht, oder jedenfalls nicht mit
gleicher Erfolgsaussicht kompensiert werden könnten.“
Diese Voraussetzungen waren im Bereich des Absatzfondgesetzes zwar im Jahr 1990 noch gegeben, da die Importe in diesem Bereich damals noch doppelt so hoch lagen wie das Exportvolumen. Seitdem hat sich dieses Verhältnis jedoch deutlich verbessert. Für den Bereich des Absatzfondsgesetzes ist das Gericht daher zu der Überzeugung gelangt, dass es dort keine erheblichen Beeinträchtigungen oder speziellen Nachteile mehr gibt, denen mit einer sonderabgabenfinanzierten Absatzförderung entgegengetreten werden müsste.
Für den Weinbereich stellt sich somit die Frage, ob das Urteil auch auf die
Sonderabgaben in diesem Bereich übertragbar ist, insbesondere ob es hier
gegenüber ausländischem Wein erhebliche Beeinträchtigungen oder spezielle
Nachteile gibt, die von den einzelnen Winzern und Weinkellereien nicht, oder
jedenfalls nicht mit gleicher Erfolgsaussicht kompensiert werden können.
Nach dem BVerfG-Urteil ist eine Sonderabgabe innerhalb einer Branche zum
Ausgleich von transnationalen Wettbewerbsnachteilen zulässig, wenn diese
Nachteile von den Einzelnen nicht kompensiert werden können.
Diese Voraussetzungen sind im Weinsektor gegeben, was folgende vorläufig
zusammengestellte Fakten belegen:
Export-Import-Verhältnis
Um die Nachteile auszugleichen, muss das Ziel die
Wertsteigerung sein. Das kann nur durch Imagewandel durch generische Werbung
geschafft werden.
Auch die im BVerfG-Urteil getroffene Aussage, wonach im Agrarbereich private Werbemaßnahmen der Unternehmen, besonders international tätiger Konzerne der Ernährungswirtschaft, genau so effizient sein können wie ein Gemeinschaftsmarketing, trifft auf den Weinsektor - vielleicht mit Ausnahme einiger weniger Kellereien und Genossenschaften - ebenfalls nicht zu.
Wir empfehlen, diese Argumente, die für eine Fortführung des
Gemeinschaftsmarketings sprechen, den Betrieben mitzuteilen, die das Für und
Wider der Einlegung von Widersprüchen gegen die Abgabenbescheide abwägen.
Mit einem Verzicht auf die Einlegung dieses Rechtsmittels bringen die
Betriebe zum Ausdruck, dass sie die Arbeit der zentralen und gebietlichen
Weinabsatzfördereinrichtungen auch weiterhin unterstützen und damit dem
Gemeinschaftsmarketing ermöglichen, auf einer kalkulierbaren finanziellen
Grundlage weiter zu arbeiten. Wir halten dies für unbedingt erforderlich,
damit die kleinstrukturierte deutsche Weinbranche im globalen Wettbewerb
bestehen kann!
Mit freundlichen Grüßen
gez.
Norbert Weber
Dr. Rudolf Nickenig
Achim Blau