Gerade in jüngster Zeit hat die Weinwissenschaft wiederholt bestätigt, dass die Grundvoraussetzung für hochwertigen Wein im Weinberg selbst gelegt wird.
Neben den Anstrengungen des Winzers spielen dabei Faktoren wie: Lage (Boden, Exposition) und Klima (Mikro- und Mesoklima) eine besondere Rolle. In Jahrhunderten der Weinbereitung war man weitest- gehend auf das gute Zusammenspiel dieser naturgegebenen Faktoren angewiesen, wollte man einen gut trinkbaren Wein erzeugen.
Zwar hatte man zu allen Zeiten gewisse Hausrezepte, um schlechten Wein haltbarer oder auch trinkbarer zu machen, so zum Beispiel die ausschließliche Verwendung von gesunden Trauben, Kälteeinwirkung auf Trauben und Wein, verschiedene Verfahren zur Süßhaltung, spezielle Gefäß- und Lagerungstechniken oder auch gewisse Zusätze wie Pflanzenöl, Honig, Kräuter, Gewürze oder diverse Säuren.
Dies waren hilfreiche wenn auch bescheidene "Werkzeuge", um einerseits einen schlechten Jahrgang noch ordentlich zu verwerten und andererseits einen guten Jahrgang vor schnellem Altern (Oxidieren) zu schützen. Bereits im 15. Jahrhundert mussten geschwefelte Weine als solche deklariert werden und schon im 17. Jahrhundert wurde "unausgelaugtes Eichenholz" zur besseren Haltbarkeit in den Wein gelegt.
Jedoch erst seit etwa 150 Jahren ist man in der Lage, einerseits einen wirkungsvollen Rebschutz zu betreiben und andererseits fehlerhafte Weine aus klimatisch schlechten Jahren durch bestimmte Behandlungsmaßnahmen gezielt "zu heilen" und genießbar zu machen, wie auch Weine aus besseren und guten Jahrgängen länger frisch zu halten. Insbesondere betrifft dies die Verhinderung von Essigsäurebildung,
Die Säurereduzierung, das Behandeln von Fehltönen und den Oxidationsschutz. Mit dem Inkrafttreten des ersten Deutschen Weingesetzes im Jahre 1892 (und einen Neufassungen bis in die Gegenwart) sind rechtlich alle Schritte einer ordnungsgemäßen Weinbereitung staatlicherseits vorgegeben. Zuwiderhandlungen werden bestraft. So wie in früherer Zeit ist jedoch auch die heutige Weinwirtschaft, gerade in unseren nördlichen Brei- en, entscheidend von der Witterung abhängig.
Schlechte, aber auch überreiche Ernten können sich schnell negativ auf die Betriebsergebnisse auswirken und einen ganzen Berufsstand in Not bringen. Festzuhalten bleibt, dass sich ungünstiges Klima in früheren Jahren viel unmittelbarer auswirkte als heute, weil es damals keine wirksame Bekämpfung von Schaderregern gab. Da andere Einkommensquellen fehlten, waren Hungersnöte keine Seltenheit.
Aus nachfolgender Zusammenstellung der letzten 100 Weinjahre wird deutlich, dass es zu allen Zeiten extreme Witterungsausschläge gegeben hat und Bilderbuchjahre sich mit Katastrophenjahren abgewechselt haben. Dies relativiert auch so manche extreme Witterungsphase in jüngerer Zeit, wenngleich man sehen muss, dass in früheren Jahrhunderten es Menschen bedingte Einflüsse auf das Klima kaum gegeben hat.
1420 - Weinlese um Bartholomä (24. August) prägte dieses außerordentlich fruchtbare Jahr. 1432 – es herrschte Unterbringungsmangel, man benutzte besten Wein zum Anmachen von Mörtel. 1438 - vortreffliches Klima ließ alles köstlich gedei- hen und machte traurige Menschen froh. 1472 - viel Wein mit hohen Zuckerwerten brachte viele besonders "starke" Weine hervor. 1473 - ein frühes Jahr mit heißem Sommer sorgte für reichlich "Glut" in den Kelchen. 1475 - ein weiteres Spitzenjahr in den insgesamt gol- denen siebziger Jahren. 1484 - ein äußerst fruchtbares Jahr ließ die Fässer- überlaufen.
1519 - die Natur trieb die Rebe zur Höchstleistung und bester Wein machte alle Keller voll. 1536 - ein heißer Sommer ließ alles prächtig reifen und verwöhnte mit köstlichen Tropfen. 1539 - ein Jahr großer Fruchtbarkeit beschenkte die Bauersleut. 1540 - sehr frühes Jahr mit edelreifen Früchten. Im Oktober blühten nochmals die Bäume. 1546 - eine sehr reiche Ernte bester Qualität ver- setzte die Menschen in allerbestes Gemüt. 1552 - Frühes trockenes Jahr. Im November blüh- ten die Rosen zum zweiten Mal. 1590 - ausgezeichneter Wein durch einen besonders heißen und trockenen Sommer.
1616 - relativ kleine Ernte, aber dafür besonders guter Wein durch heißen Sommer 1630 - hervorragende Blüte und schöner Sommer brachte viel und allerbesten Wein. 1631 - dieses Jahr fügte sich nahtlos an das vorherige an und ließ durchweg edle Tropfen gedeihen. 1638 - nach hartem Winter verlief das Jahr überaus günstig und es wuchsen beste Trauben. 1661 - ein Hauptjahr, indem viel und gute Früchte reiften, darunter auch Spitzenweine. 1676 - einem nassen Frühjahr folgte ein heißer Sommer und ein früher Herbst mit bestem Wein. 1684 - ein sehr heißer und trockener Sommer ließ ziemlich viel und edle Trauben reifen.
1706 - beste Witterung führte zu vorzüglichen und besonders aromatischen Weinen. 1712 - ein Volltreffer der Natur mit reichlich Menge und Güte. 1718 - einer frühen Blüte Anfang Juni folgte ein hei- ßer und trockener Herbst. Jahrtausendwein. 1727 - alles war günstig, so dass es keinen schlechten Wein gab. 1749 - bedingt durch Maifröste war die Menge eher klein. Der Wein war gleichwohl königlich. 1762 - ein heißer gewitterreicher Sommer führte zu früher Traubenreife und bestem Trinkgenuss. 1783 - ein frühes Jahr, heißer Sommer und Herbst sorgte für hochedlen langlebigen Wein.
1811 - extrem günstige Vegetationsbedingungen standen für einen allerbesten Kometenjahr- gang. 1822 - ein sehr frühes Jahr mit bestem Klima ließ den Wein kostbar, fett und delikat werden. 1834 - Mitte Juni hatten die Reben verblüht und ein sehr guter Wein ließ alle Bottiche überlaufen Menge großer Weine, oftmals mit geringer Säure. 1971 - ein Oualitätsjahrgang der Extraklasse, wie geschaffen für das neue deutsche Weinge- setz. 1976 – ein klimaverwöhntes Auslesejahr mit Top- Oualitäten und Spitzenpreisen. 1983 - die Natur breitete in Menge und Güte ihr Füllhorn aus, Wein heißt "Sonnendüser", tolle Eisweine 1990 - ein Jahrgang mit höchsten Prädikaten und gutem Lagerpotenzial. Besonders gute Rotweine. 1999 - Ein Jahrgang wie aus dem Lehrbuch, was besonders den klassischen Sorten weiteren Auftrieb verlieh.
Von den 15 besten Jahrgängen des 20. Jahrhunderts fielen 13 auf ungerade Jahre. Bedingt durch eine immer wirksamer werdende Schädlingsbekämpfung in Verbindung mit fortschreitenden önologischen Möglichkeiten, sowie durch günstige klimatische Entwicklungen wies das 20. Jahrhundert beson- ders viele Spitzenweinjahrgänge auf. Analog dazu gingen die klassischen Fehljahre erheblich zurück, sodass der Weinanbau insgesamt deutlich ausgedehnt wurde. Seit den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts werden in Deutschland verstärkt weiße und rote Rebsorten für den Anbau zugelassen, die bis dato ausschließlich in wärmeren Regionen der Erde heimisch waren (Mit- telmeerraum, Neue Welt), was primär auf die Klima- erwärmung zurückzuführen ist.
Das neue Jahrtausend Mit dem Hitzejahrgang 2003 ist das neue Jahrtausend erneut fulminant gestartet. Ein Jahr das mit Spitzenwerten in punkto Witterungs- und Vegetationsverlauf aufwarten konnte und die Traubenzuckerwerte explodieren ließ. Seit nunmehr 20 Jahren ist kein wirklich schlechtes Weinjahr mehr zu beklagen, ein Phänomen, welches man in dieser Ausprägung in den Chroniken der Jahrhunderte kein zweites Mal finden kann. Der Jahrgang 2007 scheint diesbezüglich erneut als Superlative in die Weingeschichte eingehen zu wollen. Ein extrem früher Austrieb um den 10. April und ein Blütebeginn um den 20. Mai sorgten für einen Traubenschluss in der dritten Junidekade. Mit dem Weichwerden der Beeren bei den frühen Sorten Mitte Juli war ein Vegetationsvorsprung von über drei Wochen gegenüber dem Jahr 2006 erreicht und selbst das Jahr 2003 wurde um ca. zehn Tage übertroffen. (Stand Anfang August 2007).